Nach 1Mo 1,27 ist der Mensch das einzige geschaffene Wesen, dessen gesamte Konstitution Gott äußerlich repräsentiert und innerlich widerspiegelt.
 


Nach 1Mo 1,27 ist der Mensch das einzige geschaffene Wesen, dessen gesamte Konstitution Gott äußerlich repräsentiert und innerlich widerspiegelt. 1Mo 1,26-28 erzählt uns jedoch nicht genau, worin diese Ähnlichkeit (tselem, demuth) nun wirklich besteht.

Der Himmel, die Erde und alle Schöpfung erzählen die Herrlichkeit Gottes, aber nur im Menschen macht Gott sich selbst sichtbar. Der Mensch soll das Wesen Gottes wie ein Spiegel reflektieren oder abbilden. Deswegen soll der Mensch sich auch kein geschnitztes Bild von Gott machen, denn Gott hat bereits dieses Bild gemacht, nämlich den Menschen selbst! In dem gottgemäßen Menschen selbst sollen andere etwas vom Wesen Gottes erkennen, nämlich seine Güte und Freundlichkeit.

 

2Mo 20,4: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was in den Wassern, unter der Erde ist.

 

Als nächstes soll der Mensch Gott repräsentieren, etwa so wie der Botschafter eines fernen Landes seinen König repräsentiert und vertritt. Der Mensch soll die Autorität Gottes in der Schöpfung und über die Schöpfung repräsentieren, und er soll aktiv an der Verwirklichung von Gottes Plan arbeiten. Das bedeutet für die Praxis, dass nicht nur unser inneres Wesen zum Bild Gottes gehört, sondern auch unser materieller Körper. Der Körper ist nicht ein Grab für die Seele, welches diese im Tod verlässt (die Sicht der alten Griechen, insbesondere der Platonisten und Neoplatonisten), sondern ein wunderbares Meisterwerk Gottes, welches in der Auferstehung wieder mit der Seele vereinigt wird.

 

3.1 Strukturelle und funktionale Aspekte

Das Bild Gottes im Menschen beinhaltet also beide Aspekte. Menschen wurden dazu geschaffen, Gott anzubeten und zu lieben, den Nächsten zu lieben, über die Schöpfung zu herrschen und so weiter. Sie können jedoch diese Aufgabe nur deshalb erfüllen, weil Gott sie mit einer bestimmten Struktur und mit bestimmten Fähigkeiten dazu ausgestattet hat. Ein Adler kann nur deshalb fliegen, weil Gott ihn mit Flügeln geschaffen hat und weil er die physikalischen Gesetze des Fluges (Luftwiderstand, Strömungsgesetze, Schwerkraft und so weiter) in die Schöpfung hineingelegt hat. Manche haben die strukturellen Aspekte des Bildes Gottes im Menschen als das Bild Gottes im weiteren Sinn bezeichnet, die materiell-funktionalen Aspekte als das Bild Gottes im engeren Sinn. Manche haben die Betonung mehr auf die intellektuellen Fähigkeiten gelegt, andere wieder auf die Willenskraft, wieder andere auf das Gefühlsleben, wieder andere auf den rein materiellen Aspekt.

In der Summe können wir das Bild Gottes im Menschen im weiteren Sinn ansehen als seine Ausstattung mit der Gesamtheit der Gaben und Fähigkeiten, welche ihn dazu befähigen, seinem göttlichen Auftrag gemäß zu leben. Im Kleinen sind hier viele Eigenschaften Gottes sichtbar: Körperfunktionen, Verstand, Moral, Gemeinschaft, Rede, Herrschaft, Schönheit und Schönheitsempfinden, Freude und so weiter.

Das Bild Gottes im engeren Sinn bedeutet eine gottgemäße Lebensführung in Harmonie mit dem Willen Gottes für das Leben des Menschen. Hier geht es um Dinge wie Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit und so weiter. Diese gottgemäße Lebensführung hat der Mensch im Sündenfall eingebüßt. Er lebt grundsätzlich in Rebellion gegen Gott und nur in der Kraft Gottes kann er wieder dazu befähigt werden, gottgemäß zu leben.

Durch den Sündenfall hat der Mensch also das Bild Gottes im weiteren Sinne behalten, er ist immer noch Träger dieses Bildes. Er hat allerdings das Bild Gottes im engeren Sinne verloren. Der gefallene Mensch besitzt zwar immer noch die Körperlichkeit sowie die Gaben und Fähigkeiten, mit denen Gott ihn in der Schöpfung ausgestattet hat, aber er benutzt nun diese Gaben und Fähigkeiten auf ungehorsame und sündige Weise. Im Prozess der Erlösung erneuert Gott, der Heilige Geist, schrittweise sein Bild im gefallenen Menschen und befähigt ihn somit dazu, seine Gaben und Fähigkeiten wieder gottgemäß zu gebrauchen, zumindest prinzipiell. Auf dem Lebensweg der Heiligung wird dieses Bild Gottes immer mehr wiederhergestellt, bis die gesamte erlöste Menschheit schließlich nach der leiblichen Auferstehung auf der neuen Erde das Bild Gottes wieder vollkommen darstellen wird.

 

3.2 Christus als das wahrhaftige Bild Gottes

Zentral in diesem Bild steht nicht an erster Stelle Intelligenz, Vernunft und Weisheit, welche natürlich auch untrennbar dazugehören. Im Zentrum steht die Liebe Gottes, welche sogar ihre Feinde liebt. Christus ist Gott in Vollkommenheit und Mensch in Vollkommenheit. Christus war und ist vollständig ausgerichtet auf Gott den Vater in Gebet, Gehorsam, Wort und Wandel. Er war und ist vollständig ausgerichtet auf seinen Nächsten. Er hatte und hat unbegrenzte Autorität und Macht über die Schöpfung. Alles was er auf der Erde tat war zugleich göttlich und menschlich in vollkommener Weise.

 

Kol 1,15: „Dieser ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene, der über aller Schöpfung ist.

Mk 10,45: „Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.

Lk 19,10: „… denn der Sohn des Menschen ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.

Joh 4,34: “Jesus spricht zu ihnen: Meine Speise ist die, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe.

Joh 8,58: “Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham war, bin ich!

Joh 10,31-33: “Da hoben die Juden wiederum Steine auf, um ihn zu steinigen. Jesus antwortete ihnen: Viele gute Werke habe ich euch gezeigt von meinem Vater; um welches dieser Werke willen wollt ihr mich steinigen? Die Juden antworteten ihm und sprachen: Nicht wegen eines guten Werkes wollen wir dich steinigen, sondern wegen Gotteslästerung, und zwar weil du, der du ein Mensch bist, dich selbst zu Gott machst!

Joh 15,13: “Größere Liebe hat niemand als die, dass einer sein Leben lässt für seine Freunde.

Apg 2,22: “Ihr Männer von Israel, hört diese Worte: Jesus, der Nazarener, einen Mann, der von Gott euch gegenüber beglaubigt wurde durch Kräfte und Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn in eurer Mitte wirkte, wie ihr auch selbst wisst,

 

3.3 Der Mensch in seiner dreifachen Beziehung

Alle drei Beziehungen des Menschen werden in 1Mo 1,26-28 bereits angedeutet.

 

1. Die Beziehung des Menschen zu Gott

Die erste und wichtigste ist die Beziehung des Menschen zu Gott. Der Mensch lebt in jeder Sekunde seines Lebens vor dem Angesicht Gottes. Wenn ein Fisch versucht, sich aus dem Wasser zu befreien, dann verliert er die Freiheit, die er im Wasser besaß, denn er stirbt. Wenn der Mensch versucht, sich aus der Abhängigkeit von Gott zu befreien (was Adam und Eva taten), dann verliert er seine Freiheit, denn er wird ein Sklave der Sünde und stirbt. Der Lohn der Sünde ist der Tod. Augustinus: „Du (Gott) hast uns für Dich selbst erschaffen, und unser Herz ist rastlos, bis es Ruhe findet in Dir“ (Bekenntnisse, I,1). Calvin: „Jeder Mensch wird geboren um zu leben zu dem Ziel hin, dass er Gott erkennen möge.“ (Institutio, I.3.3). So ist der Mensch verantwortlich, alle seine gottgegebenen Gaben und Fähigkeiten auch im Dienst Gottes zu gebrauchen.

 

2. Die Beziehung des Menschen zu den Mitmenschen

Die Erschaffung als Mann und Frau deutet dies an: Gemeinschaft nicht nur körperlich, sondern auch geistlich. Die Frau unterscheidet sich in beiden Aspekten (körperlich und seelisch-geistlich) eindeutig vom Mann. Die Frau ergänzt den Mann, denn sie ist dort stark wo der Mann seine Schwächen hat. Der Mann ergänzt die Frau, denn er ist dort stark wo die Frau ihre Schwächen hat. Dies beinhaltet vor Gott nicht unterschiedliche persönliche Wertigkeit, denn beide sind vor Gott gleichwertig. Der Mann soll nicht ungerecht über die Frau herrschen, und die Frau soll nicht ungerecht über den Mann herrschen. Die Verschiedenheit liegt vielmehr in den Aufgabenbereichen und Verantwortlichkeiten, welche Gott sowohl dem Mann als auch der Frau gegeben hat. Die Ehe ist der vollständigste Ausdruck dieser Gemeinschaft in unserer heutigen Welt. Der Herr selbst war jedoch nicht verheiratet, und sein Leben war auf alle Männer, alle Frauen und alle Kinder ausgerichtet. In der erneuerten ewigen Welt wird es einmal keine Ehe mehr geben. Das Zusammenleben von Männern und Frauen wird sich in einer Weise abspielen, die wir uns unter den heutigen Umständen nicht vorstellen können.

 

Mt 22,30: „Denn in der Auferstehung heiraten sie nicht, noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie die Engel Gottes im Himmel.

 

Menschen leben natürlich nicht nur in der Ehe zusammen, sondern auch in allen möglichen öffentlichen Beziehungen, die Christen insbesondere auch in der Gemeinde, in der Familie Gottes als Kinder des Vaters und als kleine Brüder und Schwestern des Herrn Jesus Christus. Alle Lebensbereiche sind betroffen: Familie, Schule, Gemeinde, Berufsleben, Freizeit. Ein Christ soll das Bild Gottes überall zeigen, also in der Beziehung zu anderen Christen und auch zu Nichtchristen.

 

Mt 12,49-50: „Und er streckte seine Hand aus über seine Jünger und sprach: Seht da, meine Mutter und meine Brüder! Denn wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter!

Lk 8,21: „Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Meine Mutter und meine Brüder sind die, welche das Wort Gottes hören und es tun!

 

3. Die Beziehung des Menschen zur Schöpfung

Das hebräische Wort kabash bedeutet unterwerfen oder in Abhängigkeit bringen. Hier geht es um Dinge wie verantwortungsvolle Nutzung der Ressourcen der Schöpfung, verantwortungsvolle Wissenschaft und Technologie zur Erleichterung des Daseins, verantwortungsvolle Kultivierung des Erdbodens, Landwirtschaft, Viehzucht und so weiter. Ein weiteres Wort ist radah, es bedeutet herrschen oder dominieren, und zwar in Verbindung mit den Wörtern abad (arbeiten im Dienst) und shamar (pflegen und bebauen) in 1Mo 2. Der Mensch soll also an dem Ort, an welchen Gott ihn gestellt hat, diese Aufgaben ausüben. Wir sollen über die Natur herrschen, indem wir ihr zugleich dienen.

Zuletzt ist zu sagen, dass alle drei Beziehungen des Menschen natürlich auch untereinander in Verbindung stehen. Unsere Beziehung zu Gott zeigt sich auch in unserer Beziehung zu den Mitmenschen und zur Schöpfung. Die drei können nicht isoliert voneinander bestehen. Nur der Mensch lebt in allen drei Beziehungen, ansonsten nicht einmal die Engel (welche untereinander nicht in dem innigen Miteinander wie die Menschen leben).

 

1Joh 4,20: „Wenn jemand sagt: »Ich liebe Gott«, und hasst doch seinen Bruder, so ist er ein Lügner; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann der Gott lieben, den er nicht sieht?

Joh 17,23-24: „… ich in ihnen und du in mir, damit sie zu vollendeter Einheit gelangen, und damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, gleichwie du mich liebst. 24 Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt.

Ps 8,5: „Du hast ihn ein wenig niedriger gemacht als Gott; mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt.

 

3.4 Vier Stadien des Bildes Gottes

Wir kommen nun zu den vier Stadien, welche das Bild Gottes im Menschen im Verlauf der Heilsgeschichte durchläuft.

 

1. Das ursprüngliche Bild

Vor dem Sündenfall war der Mensch nach Augustinus „fähig, nicht zu sündigen (posse non peccare)“. Er war dazu fähig, Gott zu dienen, liebende Gemeinschaft zu pflegen, sowie die Schöpfung zu bewahren und zu verwalten. Er war sündlos, er war jedoch in seiner Heiligung und seinem Gehorsam gegenüber Gott noch nicht so weit vorangeschritten, dass er seine Sündlosigkeit nicht mehr verlieren konnte. Gott hatte ihm Segen und Auftrag gegeben, und in der Erfüllung dieses Auftrages hätte der Mensch die Möglichkeit gehabt, die ganze Erde zu erfüllen und nicht mehr zu fallen. Der Mensch hatte das „posse non peccare“, aber noch nicht das „non posse peccare“ (nicht mehr sündigen können) erreicht. Der Mensch war sehr gut erschaffen, aber er war noch kein vollkommenes „Endprodukt“. Er brauchte weiteres Wachstum, und er brauchte auch Prüfung, um wachsen zu können. Gott gab ihm ein prüfendes Gebot. Leider fiel der Mensch (natürlich unter der Vorkenntnis Gottes) in Ungehorsam und Sünde, so dass er das ursprüngliche Bild Gottes verlor.

 

2. Das pervertierte Bild

Was sich durch den Sündenfall veränderte, war nicht die Struktur und die Fähigkeit des Menschen, also das Bild Gottes im weiteren Sinn, sondern vielmehr das Bild Gottes im engeren Sinn, also die Art und Weise, in welcher der Mensch vor Gott lebte. Das Bild Gottes als Ganzes wurde somit ernstlich verdorben und pervertiert. Anstatt Gott anzubeten, betet der gefallene und verdorbene Mensch Götzen an: sich selbst, andere Personen, die Gesellschaft, Reichtum, Ruhm und Ehre, Gesundheit, Genuss und so weiter. Anstatt durch seine Fähigkeiten zur Gemeinschaft andere zu bereichern und zu fördern, benutzt er diese Gabe im eigenen Interesse zur Selbstbereicherung. Die Redegabe wird benutzt zum Lügen, zum Fluchen und zum Angeben, künstlerische Fähigkeiten werden pervertiert, die sexuelle Kraft wird zur reinen Lustbefriedigung, Hurerei, Ehebruch, Pornographie etc. benutzt. Liebesfähigkeit und Gemeinschaftssinn werden in Hass und Entfremdung verwandelt, wie Sartre sagte: „Die Hölle, das sind die anderen Leute“. Anstatt die Erde zu verwalten und kultivieren, wird die Natur ausgebeutet und verschmutzt. Anstatt anderen den Vorrang zu lassen, erhöht der Mensch sich selbst. Alles ist verdorben und entstellt.

 

3. Das erneuerte Bild

Die Erneuerung des verdorbenen Bildes findet im Prozess der Errettung und der Erlösung statt. Die Erneuerung beginnt grundsätzlich mit der Wiedergeburt, mit der Neuschöpfung: Wiedergeburt ist der Akt des Heiligen Geistes (nicht zu trennen von der Predigt des Wortes), durch welchen er eine Person zum ersten Mal in die lebendige Gemeinschaft und Einheit mit Christus bringt, und durch welchen der Heilige Geist das Herz dieser Person so verändert, dass sie vom geistlichen Tod in das ewige geistliche Leben übergeht. Diese Neuschöpfung kann nur Gott bewirken, und nicht der Mensch. Die Erneuerung wird lebenslang immer weiter fortgesetzt im Prozess der Heiligung: Heiligung ist das Wirken des Heiligen Geistes unter der verantwortlichen und aktiven Mitwirkung des Menschen, durch welche der Heilige Geist die neue Natur des wiedergeborenen Menschen immer weiter erneuert, damit der Mensch dazu fähig gemacht wird, immer mehr zum Lob und zur Ehre Gottes zu leben. Gott selbst muss sein Geschöpf heiligen, aber der Mensch als Person muss aktiv und willentlich an diesem Prozess beteiligt sein. Die Erneuerung findet statt unter dem Einfluss der Predigt, der Lehre oder des Studiums des Wortes Gottes. Durch das Wort instruiert der Heilige Geist den Menschen.

Der Mensch lernt es wieder, Gott zu lieben, ihn richtig anzubeten, ihn zu bitten und ihm zu danken für alles. Das ganze Wesen des Menschen, Wille, Gefühl, Verstand, werden neu auf Gott ausgerichtet. Er lernt es auch wieder, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst, ja sogar seine Feinde zu lieben und sein Leben hinzugeben für seine Brüder. Der Christ liebt seine Geschwister nicht, weil sie so liebenswürdig sind (das sind sie nämlich sehr oft gar nicht) sondern deshalb, weil Gott ihn selbst zuerst geliebt hat. Er lebt nicht in erster Linie für sich selbst und seine eigenen Interessen, sondern bemüht sich um die Interessen der Geschwister, der Armen, der Bedürftigen und der Schwachen in der Welt. Er schaut nicht mehr im Hochmut auf andere herab, sondern ist demütig, wenngleich ohne Menschenfurcht. Die Zunge flucht nicht mehr, sondern sie lobt Gott. In der Kunst werden Werke zur Ehre Gottes hervorgebracht. Der erneuerte Mensch bemüht sich, die Erde verantwortungsvoll zu bewohnen und zu verwalten. So umfasst die Heiligung alle Beziehungen, in denen der Mensch steht: zu Gott, zu anderen Menschen und zur gesamten Schöpfung. Die Wiederherstellung findet auch in der Gemeinde statt: Vorbild sein, liebende Ermahnung, Fürbitte, Hilfe und Unterstützung. Die Wiederherstellung ist einerseits ganz Gottes Werk, andererseits auch ganz die Bemühung des Menschen, in der Einheit mit Christus zu bleiben. Das Paradoxon muss stehen bleiben, denn die Bibel lehrt es.

 

Mt 5,16: „So soll euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Mt 5,44-45: „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und bittet für die, welche euch beleidigen und verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel seid. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte.

Lk 8,15: „Das in dem guten Erdreich aber sind die, welche das Wort, das sie gehört haben, in einem feinen und guten Herzen behalten und Frucht bringen in standhaftem Ausharren.

Lk 10,27: „Er aber antwortete und sprach: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst!«

Joh 15,13: „Größere Liebe hat niemand als die, dass einer sein Leben lässt für seine Freunde.

Rö 6,6: „Wir wissen ja dieses, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde außer Wirksamkeit gesetzt sei, sodass wir der Sünde nicht mehr dienen;

Rö 12,2: „Und passt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern lasst euch [in eurem Wesen] verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.

Rö 13,13-14: „Lasst uns anständig wandeln wie am Tag, nicht in Schlemmereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht und Ausschweifungen, nicht in Streit und Neid; sondern zieht den Herrn Jesus Christus an und pflegt das Fleisch nicht bis zur Erregung von Begierden!

1Kor 10,31: „Ob ihr nun esst oder trinkt oder sonst etwas tut — tut alles zur Ehre Gottes!

1Kor 12,12-13: „Denn gleichwie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des einen Leibes aber, obwohl es viele sind, als Leib eins sind, so auch der Christus. Denn wir sind ja alle durch einen Geist in einen Leib hinein getauft worden, ob wir Juden sind oder Griechen, Knechte oder Freie, und wir sind alle getränkt worden zu einem Geist.

2Kor 5,15: „und er ist deshalb für alle gestorben, damit die, welche leben, nicht mehr für sich selbst leben, sondern für den, der für sie gestorben und auferstanden ist.

Gal 3,27: „denn ihr alle, die ihr in Christus hinein getauft seid, ihr habt Christus angezogen.

Gal 5,16+22: „Ich sage aber: Wandelt im Geist, so werdet ihr die Lust des Fleisches nicht vollbringen. Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung.

Eph 5,1-2: „Werdet nun Gottes Nachahmer als geliebte Kinder und wandelt in der Liebe, gleichwie auch Christus uns geliebt und sich selbst für uns gegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, zu einem lieblichen Geruch für Gott.

1Thess 5,23: „Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, und euer ganzes [Wesen], der Geist, die Seele und der Leib, möge untadelig bewahrt werden bei der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus!“ und 2Kor 7,1: „Weil wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so wollen wir uns reinigen von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes zur Vollendung der Heiligkeit in Gottesfurcht!

1Joh 4,16: „Und wir haben die Liebe erkannt und geglaubt, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.

 

4. Das vollkommene Bild

Zur Zeit der endgültigen Verherrlichung des Menschen in der erneuerten Schöpfung wird das Bild Gottes im Menschen zur Vollendung gebracht sein. An diesem Tag werden die erlösten Menschen nicht nur grundsätzlich erneuert sein, sondern vollkommen erneuert und wiederhergestellt. Das Erlösungswerk Christi wird uns letztlich in einen viel höheren Zustand bringen, als Adam ihn jemals hatte. Adam war fähig, nicht zu sündigen und zu sterben (posse non peccare et mori), die verherrlichten Heiligen werden jedoch in der Erneuerung ihres ganzen Wesens mit Leib und Seele nicht mehr fähig sein zu sündigen und zu sterben (non posse peccare et mori). Der Mensch ist zu einer unverlierbaren Vollkommenheit in Ewigkeit berufen, und zu nichts weniger. Diese Verherrlichung ist untrennbar verbunden mit der Verherrlichung Christi, denn Christus und sein Volk sind eins.

Dann werden wir in Vollkommenheit anbeten, gehorsam sein und Gott dienen. Lobpreis und Anbetung werden so normal sein wie heute das Atmen. Wir werden unseren Mitmenschen mühelos und in Vollkommenheit dienen in einer vollkommenen Gesellschaft unter einem vollkommenen König. Keine Trennungen mehr durch Nationen, Kulturen, Sprachen, Religionen, Rassen. Das Volk Gottes wird eine globale Nation sein, bestehend aus einer Vielfalt von einzelnen Erlösten, welche alle in ihrer Individualität in Ewigkeit erkennbar bleiben werden. Alle Menschen werden die neue Schöpfung, den neuen Himmel und die neue Erde in ewiger Vollkommenheit bewahren, gestalten, bebauen und verwalten. Vielleicht wird es dann eine gottgefällige Wissenschaft, Literatur, Musik, bildende Kunst, Architektur (die Stadt Gottes auf der neuen Erde) und Kultur in einer neuen und niemals gekannten Vollkommenheit geben. Wir wissen es nicht. Wir werden es erleben, wenn der Herr kommt. Seine persönliche Gegenwart wird alles erfüllen und alle sonstigen Dinge in den Hintergrund treten lassen.

 

1Kor 15,42+44+49+54: „So ist es auch mit der Auferstehung der Toten: Es wird gesät in Verweslichkeit und auferweckt in Unverweslichkeit; Es wird gesät ein natürlicher Leib, und es wird auferweckt ein geistlicher Leib. Es gibt einen natürlichen Leib, und es gibt einen geistlichen Leib. Und wie wir das Bild des Irdischen getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen. Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: »Der Tod ist verschlungen in Sieg!“

Eph 5,27: “… damit er sie sich selbst darstelle als eine Gemeinde, die herrlich sei, sodass sie weder Flecken noch Runzeln noch etwas Ähnliches habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei.”

Phil 3,20-21: “Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus erwarten als den Retter, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird, sodass er gleichförmig wird seinem Leib der Herrlichkeit, vermöge der Kraft, durch die er sich selbst auch alles unterwerfen kann.”

1Joh 3,2: “Geliebte, wir sind jetzt Kinder Gottes, und noch ist nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen aber, dass wir ihm gleichgestaltet sein werden, wenn er offenbar werden wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.”

Off 5,10: “… und hast uns zu Königen und Priestern gemacht für unseren Gott, und wir werden herrschen auf Erden.”

Off 19,6-7: “Und ich hörte etwas wie die Stimme einer großen Volksmenge und wie das Rauschen vieler Wasser und wie der Schall starker Donner, die sprachen: Hallelujah! Denn der Herr, Gott, der Allmächtige, hat die Königsherrschaft angetreten! Lasst uns fröhlich sein und jubeln und ihm die Ehre geben! Denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Frau hat sich bereit gemacht.”

Off 21,3-4 und 24-26: “Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen; und sie werden seine Völker sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, weder Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. (…) Und die Heidenvölker, die gerettet werden, werden in ihrem Licht wandeln, und die Könige der Erde werden ihre Herrlichkeit und Ehre in sie bringen. Und ihre Tore sollen niemals geschlossen werden den ganzen Tag; denn dort wird keine Nacht sein. Und man wird die Herrlichkeit und die Ehre der Völker in sie bringen.”

 

3.5 Schlussfolgerung

Wir müssen den Menschen stets im Licht seiner endgültigen und ewigen Bestimmung sehen. Die erlösten Kinder Gottes erwarten die vollkommene Herrlichkeit mit Leib und Seele in der ewigen Gegenwart Gottes auf der neuen Erde. Die Unerlösten erwarten hingegen die ewige Verlorenheit im Feuersee, das ist der Ort der ewigen Gottverlassenheit, der Ort der Qual. Dies sollte uns einerseits dazu bringen, Zeugnis vom Evangelium zu geben, wenn sich Gelegenheit dazu bietet. Wir sollten keinen Menschen verachten und keinem Menschen fluchen, auch wenn uns das bisweilen schwierig erscheint und in der Praxis schwer fällt. Jeder Mensch, auch der unmöglichste Sünder oder Verbrecher, trägt das Bild Gottes, wenngleich in stark entstellter Form.

Andererseits sollten uns die Leiden und Belastungen, ja auch die Ungerechtigkeiten und Verfolgungen der Gegenwart nicht entmutigen, wenn wir im Aufblick auf den Herrn und in der Vorausschau auf die vor uns liegende Freude leben. Männer und Frauen dürfen als zwar verschiedenartig geschaffene aber doch vor Gott gleichwertige Menschen dieser Zukunft entgegengehen. Mann und Frau tragen gemeinsam das Bild Gottes. So wird es auch in der Ewigkeit sein, nur dann ohne Heirat und in Vollkommenheit des rein menschlichen und zugleich gottgemäßen Zusammenlebens.

Als letztes trägt auch die Menschheit in ihrer Gesamtheit in gewisser Weise das Bild Gottes. Alle großen Errungenschaften der Menschheit konnten nur deswegen erreicht werden, weil Gott diese Dinge in den Menschen hineingelegt hat, und zwar auch in den unerlösten Menschen. Große Leistungen auf allen Gebieten der menschlichen Existenz wurden von Nichtchristen vollbracht, und wir dürfen das nicht schmälern. In der Ewigkeit wird die gesamte erlöste Menschheit auf der neuen Erde das große Bild Gottes in Vollkommenheit widerspiegeln, soweit geschaffene Wesen das können. Einzig und allein der Herr Jesus Christus wird in Ewigkeit das Bild Gottes in absoluter Vollkommenheit zeigen, weil er selbst Gott ist.